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zu Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen (Spielzeit 2012/13) |
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NRZ vom 07.Juli 2013 Kleve. Michael Schläger zeigt im XOX-Theater den Entwicklungsprozess vom Normalen zum Wahn.Von Klaus Hübner Einsam auf der Bühne, an einem mit Blättern übersäten Tisch, schließlich auf einem Stuhl in dem Bett thronend – allein auf Michael Schläger in der Rolle des kleinen Beamten Poprischtschin lasten Darsteller- und Erzählkunst im Ein-Personen-Stück „Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen“.
NRZ vom 13. Juli 2013 Ein Hundeleben Der Beamte Poprischtschin liebt die Tochter des Direktors. Doch ist Poprischtschin jene Sorte Mann, über die Frauen sich höchstens lustig machen, wenn sie sie denn überhaupt bemerken. Poprischtschin wird allmählich wahnsinnig. An der Welt? An sich selbst? Wo liegt der Unterschied zwischen beidem?
Nikolai Gogol hat mit den „Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen“ 1835 eine Tagebuch-Erzählung geschrieben, die die neusten Erkenntnisse der Hirnforschung vorwegnimmt. Denn das Gehirn funktioniert in dieser Erzählung als das, was es offenbar ist: als Rechtfertigungsorgan. Es ordnet das, was man erlebt und zu sehen glaubt, in logische Zusammenhänge ein. Poprischtschin hört Hunde reden: das ist, sagt er sich, kein Einzelfall, dergleichen hat man schon in Zeitungen gelesen. Dort erfährt er auch, dass es keinen spanischen Thronfolger gibt. Der lebe, mutmaßt er, im Verborgenen, genau wie er selbst. Alter spanischer Ritterbrauch Deshalb - ein klassischer, wenn auch fataler Syllogismus - könne, ja müsse er selbst der König sein. Und als er schließlich im Irrenhaus landet, hält er den Arzt ganz konsequent für den spanischen Reichskanzler. Wenn der ihn mit dem Stock schlägt, ist ihm klar: das ist ein alter spanischer Ritterbrauch, den muss er über sich ergehen lassen. In der sogenannten Euro-Rettung scheint die Logik ganz ähnlich zu funktionieren. Das XOX-Theater hat nun diese eindrückliche Erzählung auf die Bühne gebracht. Es handelt sich um einen eineinhalbstündigen Monolog zwischen Bett, Stuhl und Tisch. Der Schauspieler Michael Schläger trägt weiße Irrenhaus-Kleidung - von einer ordentlichen Psychiatrie konnte man 1835 kaum sprechen, dafür war die Literatur exzellent. Wie man ja ohnehin mit einiger Berechtigung zu der Einschätzung kommt, dass die Autoren im 19. Jahrhundert alles Wesentliche schon gesagt haben. Der Poprischtschin ist keine Papierfigur, sondern ein echter Mensch, der da aus den Zeilen steigt. Schläger macht das gut, er spielt nach, woran er sich erinnert, während er es erzählt. Ein selbstbewusster, aufrechter Gang ist ihm in dieser Rolle weitgehend versagt. Er krümmt sich, beugt sich, windet sich. Textsicher und mit feurigem Blick tastet er sich Schritt für Schritt in den Wahnsinn hinein. Bis in die Mimik zeichnet er den Poprischtschin mit großer Intensität. Gemeinsam mit Regisseur Wolfgang Paterok hat er daran gearbeitet, den fast leeren, immer anders beleuchteten Raum in den Prozess einzubeziehen. Das Ergebnis ist keine nette Komödie, kein flotter Theaterspaß, sondern ein echtes Theatererlebnis, das unter die Haut geht. Es zeigt mehr über den Menschen, als man üblicherweise wissen will. Man sollte die Chance nutzen.
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