NRZ vom 
27. Juni 2011
Spenden 
für Chouvenien
Im XOX-Theater hatte Gilles Dyreks Komödie "Venedig 
im Schnee" Premiere.
 
Andreas Daams
Nathalie und Jean-Luc sind mitten in den Hochzeitsvorbereitungen. 
Sie müssen schwere Entscheidungen fällen: Soll man - wie von Jean-Lucs 
Mutter gefordert - eine entfernte Quasi-Cousine einladen oder nicht? Setzt man 
die großen Kinder zu den kleinen oder besser zu den Erwachsenen? Und wie 
passt das alles noch ins Budget? Da ist eine kleine Abwechslung vielleicht ganz 
gut. Jean-Luc hat zufällig einen alten Studienfreund getroffen und zum Abendessen 
eingeladen. Zehn Jahre hat man sich nicht gesehen. Christophe kommt mit seiner 
neuen Freundin Patricia in die halbfertige Wohnung der beiden Heiratswütigen. 
Aber Patricia ist momentan nicht gut auf Christophe zu sprechen. Und schweigt 
daher konsequent. Zumin-dest am Anfang.
Das ist die Ausgangslage in der Erfolgskomödie 
"Venedig im Schnee", die der französische Autor, Schauspieler und 
Regisseur Gilles Dyrek vor acht Jahren verfasst hat. Wolfgang Paterok hat dieses 
Stück nun in seinem XOX-Theater inszeniert - und das Premierenpublikum war 
begeistert. Dabei ist der Kniff, den Dyrek verwendet, zwar nicht neu, aber immer 
noch zündend. Jemand wird für einen anderen gehalten, als er ist. Und 
er nimmt die Rolle an, zunächst zögerlich, doch dann beginnt er sie 
auszufüllen und immer mehr auszureizen.
Weil Patricia beharrlich schweigt, 
halten die Gastgeber sie für eine Ausländerin, die kein Französisch 
spricht. Und behandeln sie entsprechend. "Meinst du, dass deine Freundin 
das hier isst?", fragt Nathalie den verduzten Christophe. "Bei den vielen 
Religionen weiß man ja nie." Die Gelegenheit zur Aufklärung verstreicht. 
Und da Patricia das Geturtel der Gastgeber nervt - ständig reden sie sich 
mit Chouchou und Schnubbelchen an - gibt sie sich als Flüchtling aus dem 
frei erfundenen Chouvenien aus. Schließlich beginnen die Gastgeber, ihr 
Haus nach Spenden für Chouvenien zu durchforsten. Die Situation wird immer 
peinlicher. Und lustiger.
Alle vier Personen sind dem prallen Leben entnommen 
und nur geringfügig überzeichnet. Gerade diese Überzeichnungen 
machen den vier Schauspielern sichtlich Spaß. Patricia (Renate Hendricks) 
mimt mit hintergründiger Gemeinheit den vermeintlichen Flüchtling, der 
sogar wegen einer Schneekugel aus dem Supermarkt in Entzückung gerät. 
Ihr Freund Christophe (Thomas Freiss), Typ egomaner Frauenverführer, ist 
zunächst zu höflich, das Missverständnis aufzuklären. Als 
er es schließlich doch tut, glaubt ihm keiner. Jeroen Blok spielt das Muttersöhnchen 
Jean-Luc, das nicht einmal eine Weinflasche entkorken kann. Julia Kors gibt die 
dominant-oberflächliche Frau an seiner Seite. Traumpaare zum Gruseln, herrlich 
gespielt. Das alles war hochgradig turbulent inszeniert. Es gibt doch nichts Schöneres, 
als über die Dummheit der anderen zu lachen. 
 
RP 
vom 19. Juli 2011
XOX: 
"Aber Chouchou ...!"
Mit "Venedig im Schnee" hat das 
Klever XOX-Theater eine witzige französische Komödie in den Spielplan 
aufgenommen. Das Vier-Personen-Stück ist kurzweilig, humorvoll und voller 
böser Charakterstudien. Es steht ab September wieder auf dem Spielplan
VON 
MATTHIAS GRASS
Es 
hätte im XOX-Theater ein schöner Abend werden können. : Wäre 
da nicht Jean-Luc. Denn Jean-Luc ist selten dämlich. Bis zur Schmerzgrenze. 
Bei seinen Statements und dem Dauergeturtel mit Bald-Ehefrau Natalie ist immer 
wieder Fremdschämen angesagt. Natalie, sein Schatz, seine "Chouchou", 
steht ihm da allerdings kaum nach. Ein bisschen naiv, ein bisschen zu direkt, 
ein bisschen zu verliebt, ein bisschen zu viel "so bin ich eben". Es 
wurde mehr als ein schöner Abend: Es war amüsant, zuweilen bissig, witzig. 
Mit "Venedig im Schnee" von Gilles Dyrek bringt Wolfgang Paterok eine 
leichtfüßige Komödie auf die Bretter des XOX-Theaters, die beste 
Abendunterhaltung und laute Lacher garantiert.
Da 
sind die gnadenlosen Turteltäubchen Jean-Luc und Natalie, deren rosarotes 
Leben aus Chouchou hier und Chouchou da, Umarmen und Liebkosungen besteht. Sie 
wollen heiraten und leben in einer Wohnung, die sie für ihre Zukunft umbauen. 
Auch hier sind die Zwei nicht geschmackssicher. Der Marmor vom Kamin mußte 
ein Stückchen weichen, weil sonst der Fernseher nicht passt, die wunderschönen 
Balken sollen unter einer Spanplatte verschwinden ...
Mitten 
in dieses Leben auf Wolke siebe platzen Jean-Lucs ehemaliger Studienfreund Christophe 
und seine schlecht gelaunte Freundin Patricia. Jean-Luc hat ihn auf der Straße 
getroffen und eingeladen, Patricia hat dazu partout keine Lust. Sie ist so abweisend, 
dass die Turteltäubchen sie als Ausländerin einstufen, die kein Französisch 
spricht, eine Frau vom Balkan sei. Patricia geht darauf ein: Sie sei aus Chou-venien 
und die Hauptstadt heiße Chou-grad. Dass sie das Pärchen auf den Arm 
nimmt, merkt vor allem der Zuschauer. Und hat seinen Spaß an der Situationskomik, 
den Bonmots Jean-Lucs und dem manchmal etwas hilflosen Christophe. Mehr sei nicht 
verraten.
Das 
Ensemble ist bestens aufgelegt, Jeroen Blok gibt den selten-dämlichen Jean-Luc 
hervorragend wie Natalie das naive Dummchen. Sehr schön wandelt sich Renate 
Hendricks als Patricia sichtbar von ihrer grimmigen Abweisung zu einer strahlenden 
Frau, die ungemein Spaß daran findet, geradezu darin aufblüht, die 
beiden anderen vorzuführen. Dazwischen Thomas Freiss als Christophe. Bis 
zum knalligen Ende ...
Das 
Publikum dankt mit kräftigen Lachern und viel Applaus. Vormerken für 
die Herbstsaison.